Das Rote Moor

Was ist geschehen?

Über Jahrtausende war das Rote Moor ein intaktes Ökosystem. Doch 1809 begann der Torfabbau und wurde 175 Jahre lang betrieben. Grund dafür war der steigende Bedarf nach Brennmaterial, später auch die heilende Wirkung von Moorbädern. Das Ergebnis: die Hochmoorfläche schrumpfte, wurde entwässert und verheidete. Das Ökosystem geriet aus dem Gleichgewicht.

Torfabbau im Roten Moor (Bild: Wilma Gutermuth, Archiv Gersfeld)
Torfabbau im Roten Moor (Bild: Wilma Gutermuth, Archiv Gersfeld)
  • Beginn des 19. Jahrhunderts: Die Bevölkerung in Deutschland nimmt stark zu, der Bedarf an Brennmaterial steigt. Die Wälder aber sind durch Holzeinschlag für den Betrieb von Glashütten und die Waldweidewirtschaft bereits deutlich gelichtet. Torf wird interessant, denn der ist in getrocknetem Zustand brennbar und hat einen ähnlichen Heizwert wie Braunkohle.
  • ab 1837: Bisher hat die adelige Herrschaft von Gersfeld mit dem im Roten Moor gestochenen Torf nur ihren Eigenbedarf an Brennmaterial gedeckt. Jetzt wird der Torf auch verkauft. Etwa zur gleichen Zeit gewinnt die heilende Wirkung von "Schlammbädern" an Bedeutung, sodass Moorerde aus dem Roten Moor bald nach Brückenau, Würzburg oder Kissingen geliefert wird.
  • ca. 1885: Torf findet weitere Verwendungen, vor allem als Düngemittel. Außerdem alternativ zu Stroh als Einstreu für Tierställe, als Desinfektionsmittel, Verpackungs-, Konservierungs- und Isoliermaterial.
  • 1886/87: Ein System von Entwässerungsgräben wird über das gesamte Moor angelegt. Der beschleunigte Wasserabfluss führt zum Austrocknen der Mooroberfläche, zum Absterben der Torfmoose und damit zum Erliegen des Moorwachstums.
  • Ende des 19. Jahrhunderts: Das Kleine Rote Moor ist zu zwei Dritteln abgetorft.
  • 1929: Ein Gutachten über den Zustand des Großen Roten Moores erwähnt die Verheidung sowie das Auftreten von Trockenheit liebenden Flechten und spricht von einem "toten Hochmoor". Karpatenbirkwald dehnt sich aus.
  • Um 1930: Der Torfabbau im Kleinen Roten Moor wird endgültig eingestellt. Von ursprünglich 7 Hektar Hochmoorfläche sind noch 1,7 Hektar übrig. Bei einer Abbautiefe von bis zu 2 Metern ist jedoch eine dünne Lage Hochmoortorf erhalten, was für die spätere Renaturierung sehr nützlich sein wird.
  • 1960: Der Einsatz eines Greifbaggers erhöht die Abbaumenge des Torfs in kurzer Zeit um das Doppelte. Zudem steigt die Absturzgefahr von Abbauwänden, die nach dem Saisongeschäft im Herbst stehen bleiben, über Winter bröckeln und häufig abrutschen. Dadurch entstehen in bis zu 25 Metern Entfernung parallele, tiefe Risse, die den Moorkörper zusätzlich stark entwässern.
  • 1976: Der Torfabbau erreicht den Nordrand des Großen Roten Moores. Infolge der großflächigen Entwässerung ist das Moor um gut einen Meter in sich zusammen- gesackt. Der noch nicht abgetorfte Hochmoorkörper ist locker mit Birken und Kiefern bestanden, stark ausgetrocknet und fast flächendeckend verheidet. Dauernasse Wasseransammlungen gibt es nur noch entlang des östlichen Moor- randes.
  • 1979: Das Rote Moor wird vom Land Hessen unter Naturschutz gestellt. Umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen beginnen. Die Abtorfung wird zunächst noch geduldet, aber nach und nach eingeschränkt.
  • 1984: Der Torfabbau im Großen Roten Moor wird endgültig eingestellt. Von ursprünglich 32 Hektar Hochmoorfläche sind noch 11 Hektar übrig, davon nur etwa vier Hektar offene Hochmoorfläche. 
  • Heute: Das Rote Moor ist das letzte hessische Hochmoor und Teil des Biosphärenreservats Rhön (seit 1997). Mit einer Fläche von 315 Hektar handelt es sich um eines der größten Naturschutzgebiete in Hessen. Das eigentliche Moor hat als Kernzone eine Fläche von 103 Hektar. Inzwischen hat sich in Teilen des Hochmoorbereiches eine neue Torfauflage von bis zu zehn Zentimetern gebildet.